Pflegenotstand stoppen!
Unter diesem Motto fand vorm Klinikum Mannheim letzte Woche eine Aktion des KV Linke Mannheim statt.
Die Stadträtin der Linkspartei und Kandidatin zur Wahl der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut, Kreissprecher Dennis Ulas und Gerd Millgramm, Betreiber der Sozialsprechstunde des KV Linke Mannheim, verdeutlichten wieder einmal mehr welche Partei in Mannheim als Anlaufpunkt für politisch Interessierte ist welche noch soziale Kompetenz besitzen.Wie gewohnt gab es Material zur Ansicht, das Gespräch mit Passanten zur Aufklärung wurde gesucht und genutzt um zu verdeutlichen woran die Pflege leidet…an Kapitalismus!
Und richtig Krankenhäuser, Pflegeheime und Co sind die letzten Jahre einem Wandel unterworfen. Weg vom allgemein vorherrschenden Bild von sozialen Institutionen zu reinen Wirtschaftsunternehmen. Man mag auch solchen Einrichtungen nicht absprechen das sie ein Recht auf eine gewisse wirtschaftliche Orientierung haben, auch sie wollen finanziert sein. Allerdings geht der seit Jahren anhaltende Trend doch wohl eher in Richtung Wirtschaftsunternehmen. Immer mehr spielen der eigentliche Sinn und die Aufgaben von sozialen Einrichtungen und Krankenhäusern eine untergeordnete Rolle in der Kalkulation und im Tagesablauf. Wo man früher in Führungspositionen Personen fand die sich im Pflegebereich hochgearbeitet haben, mit der Materie vertraut und kompetent, sitzen nun Rekruten aus der Wirtschaftsbranche. Dem entsprechend spielen Zahlen und Statistiken eine weitaus größere Rolle als Bewohner oder Personal. Investorengruppen, Börsenhandel und Spekulanten bestimmen immer mehr das Tempo. Personal und Bewohner werden zu Aktien und Börsenkursen degradiert. Komplett geschlossene Stationen im Klinikum Mannheim, stundenlanges Warten in der Notaufnahme lassen ahnen wo der Schuh drückt. Ständiges streichen der freien Tage oder Wochenenden um den Personalmangel auszugleichen sind auch in Mannheim nicht unbekannt. Möglich allerdings nur weil der Personalschlüssel in diesen Berufsfeldern am möglichen untersten Limit gehalten wird. Die Zuschüsse für die Personalkosten fließen trotzdem. Jobanzeigen schalten und scheinbare Bemühungen präsentieren den Normalzustand herstellen zu wollen reichen dafür schon aus.
Die Betreiber sehen die Schuld bei den politisch Verantwortlichen. Zu Recht beklagen sie dass der lange versprochene Bürokratieabbau nicht umgesetzt wird. Und tatsächlich entspringt es keiner Phantasiegeschichte das Pflegekräfte mehr Zeit mit der Dokumentation als mit der Pflege der ihnen anvertrauten Personen beschäftigt sind. Nicht selten sind sie in der Grund und Behandlungspflege gezwungen den Pfad zwischen Legalität und der sogenannten gefährlichen Pflege zu betreten um irgendwie die an sie gestellten Anforderungen zu bewältigen. Das Motto ´´ Nicht dokumentiert bedeutet nicht ausgeführt´´ dominiert alles. Nicht ausgeführt bedeutet in der Konsequenz das die Kostenträger dem Heim oder Krankenhaus Leistungen nicht bezahlen. Das dürfte wohl erklären warum in diesen Bereichen Papier im Wert über den Menschen die dort leben steht. Die Betreiber fordern in Form von Wohnräumen zu angemessenen Konditionen, in Form von Kitaplätzen im Drei-Schicht-System und mehr Hortplätzen eine Wertschätzung für die Pflegekräfte die tagtäglich körperliche und psychische Höchstleistung vollbringen. Wer als Pflegekraft arbeitet, so nebenbei war ich 17 Jahre in Pflegheimen, der mobilen Pflege, auf behüteten Bereichen und so weiter beruflich aktiv, dürfte allerdings dabei ins Grinsen kommen. Den mit den Problemen im Pflegealltag haben diese, wenn auch durchaus löblichen, Forderungen mal absolut nichts zu tun.
Die Schuld der politisch Verantwortlichen ist selbstverständlich auch gegeben. Gerne präsentieren sie sich mit besorgtem Antlitz und schieben den demografischen Wandel als Verursacher in den Vordergrund. Sicherlich spielt dieser auch eine Rolle, trägt er aber hauptsächlich dazu bei das reichlich zu Pflegende und immer weniger Pflegende da sind? Oder liegt es doch eher an gesetzlichen Regelungen die diese Berufsfelder für nachkommende Generationen immer unattraktiver machen. Von merklichen Lohnsteigerungen in angemessener Form ist da keine Rede. Davon das sich Dank der Lobbyfreundlichen Politik die Leiharbeitsbranche immer mehr ausbreitet, Pflegekräfte selbst in prekärer Lebenssituation leben, manche beim Jobcenter aufstocken müssen, darüber sehen die Damen und Herren großzügig hinweg. Wie müssen sich solche Pflegekräfte vorkommen die Politiker hören die angemessene und überaus hohe Gehälter nur für die Winterkorns als Gerechtfertigt sehen, begründet damit das diese als Manager ja schließlich in Verantwortungsvollen Positionen arbeiten? Abgewertet, abgestempelt als Personen die keine Wertschätzung erfahren dürften wohl die hervorgerufenen Emotionen sein, zu Recht. Ein beschämendes Bild für die in letzter Zeit so oft beschworene Wertegemeinschaft unseres Landes. Ein Verständnis von Werten das die Arbeit und die Verantwortung für das Leben und die Gesundheit von Menschen damit geringer bewertet als den Verkauf von Luxusautos und Aktien.
Bei beiden, Betreibern und politisch Verantwortlichen, spricht keiner mehr davon dass sie in den 1990igern in einem wahren Rationalisierungswahn alles dran gesetzt haben die Stellen für Pflegekräfte zu dezimieren, den Pflegeschlüssel immer weiter runter zuschrauben. Ich erinnere mich noch sehr gut an Aussagen wie ” Euch geht es viel zu gut” ” Die Schichten sind völlig überbesetzt mit Personal”. Und auch aktuell wird von so mancher PDL oder mancher Heimleitung so getan als wäre der Umstand das zwei Pflegekräfte für 50 bis 60 zu Pflegende zuständig sind wie ein Wochenendausflug in eine Wellness Oase. Im Zweifelsfall werden die Schultern gezuckt mit ” ist halt so” als tröstende Worte.
Was ändern Drei-Schicht-Kitas oder billige Wohnungen an kalkulierter Unterbesetzung? Welchen Einfluss haben diese auf Schichtpläne in denen man den Namen der Reinemachfrau und des Hausmeisters findet um bei einer Kontrolle der Heimaufsicht ausreichendes Pflegepersonal als gegeben präsentieren zu können? Was hat eine Pflegekraft von einer günstigen Wohnung wenn sie diese kaum bewohnt durch ständiges einspringen müssen? Na immerhin einen Ort an dem die Pflegekraft zwischen den Schichten ihre Erschöpfungszustände auskurieren kann. Sofern sie ihr Bett nicht praktischerweise gleich beim Arbeitgeber aufstellen könnte. Inwiefern entlasten mehr Hortplätze Nachtwachen die als Duo für sämtliche Bewohner eines Heimes zuständig sind. Ändern solche Forderungen etwas daran dass die Ausnahme zur Norm erhoben wird? Verhindern diese das Heimleiter und PDL Dienstpläne verfassen die sich an der Ausnahmesituation orientieren. In denen die gesetzlich festgelegten Überschreitungen der Schichtlänge, der aneinander folgenden Arbeitstage, die Pausen zwischen den Schichten, für Notlagen der Einrichtung vorgesehen als Dauerzustand niedergeschrieben werden? Nein tun sie nicht. Der geplante ausgerufene Notstand wird zum Instrument der Gewinnmaximierung durch kalkulierten Personalmangel. Fehler und Schaden für die zu pflegenden werden in Kauf genommen, wohl wissend dass die Pflegekraft die Verantwortung trägt. Dadurch praktisch quasi ständig mit einem Fuß im Gefängnis steht. Unendlich könnte man die Liste fortführen um aufzuzeigen wo die tatsächlichen Probleme in der Pflege liegen. Profitmaximierung trifft wohl als Oberbegriff den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf. Mit aufgesetzter Empörung, gespielter Sorge und Forderungen die den eigenen Geldbeutel nicht belasten können die Betreiber kaum über ihren Teil der Schuld hinweg täuschen.
Eines ist auf jeden Fall völlig klar. Betreiber und Staat sind gleichermaßen für die Missstände verantwortlich. Pflegekraft und Heimbewohner, Krankenschwester und Patient sind ihre Opfer!
Ein Kommentar von Harald Weber zum Aktionsstand “Pflegenotstand stoppen” vorm Klinikum Mannheim von DIE LINKE – Kreisverband Mannheim