Primark ist für Textilien was Monsanto für die Landwirtschaft
Jetzt hat in Mannheim das Q6/Q7 Shoppingcenter eröffnet. Man mag dieses Center des Investors Dieringer und Scheidel für gelungen halten, insbesondere wenn man es mit anderen Einrichtungen dieser Art vergleicht. (wie die gerade scheiternde Walzmühle in Ludwigshafen).
Man mag schon weniger applaudieren, dass – entgegen den vollmundigen Erklärungen und Versprechungen – keineswegs lokale Unternehmen und Manufakturen berücksichtigt worden sind.
Ein richtiger Skandal ist aber die Ansiedlung des umstrittenen irischen Textilkaufhauses Primark.
Primark ist sattsam bekannt wegen seiner Ausbeutungsmethoden in Ländern der Dritten Welt, beispielsweise in Bangladesch. So hat Hubertus Thiermeyer, Landesfachbereichsleiter Handel von Verdi Bayern, gesagt: “Wer ein T-Shirt für zwei Euro kauft, muss wissen, dass jemand anderes den Preis dafür bezahlen muss.” Die Arbeitsbedingungen sind katastrophal. Die Näherinnen arbeiten 7 Tage die Woche 12 Stunden.
In einem Produktionsort von Primark, in Sabhar, ist die Textilfabrik eingestürzt: 1127, 2438 Verletzte. Wolfgang Krogmann, Deutschland-Chef von Primark rühmt sich: “Jedes Unternehmen, was uns beliefern möchte, wird von uns zunächst umfangreich geprüft” . Wahrscheinlich ist diese Textilfabrik wegen der Einhaltung der Bauvorschriften zusammengekracht. Weil dieses Ereignis gar zu auffällig war, musste Primark 6.5 Millionen Euro Hilfen an die Familien der Opfer und überlebende ArbeiterInnen zahlen. Das sind etwa 1800 Euro für jeden Betroffenen.
Primark rühmt sich fast ohne Werbung auszukommen. 2011 fiel das Unternehmen durch eine PR-Aktion in Hannover auf. Medienvertreter erhielten neben Fanartiklen einen als “Geschenkkarte” bezeichneten Einkaufsgutschein über 50 Euro. Das NDR-Magazin Zapp bezeichnete dies als “Schmieren-PR”.
Aber es gibt auch Widerstand in vielen Städten gegen Primark – auch jetzt in Mannheim. Der beantragte Infostand des Bündnisses “Schluss mit schmutziger Wäche” wurde vor Primark und in der ganzen Fressgasse nicht zugelassen, selbst die Stichstrassen zur Fressgasse (immerhin reine Fußgängerzonen) mussten angeblich aus polizeilichen Gründen freibleiben. Es wurde offensichtlich alles getan, damit die Eröffnung von Primark von kritischen Stimmen möglichst ungestört blieb. Während der Infostand “wegen ungehinderter Feuerwehr- und Krankenwagenwege” noch nicht einmal auf dem Gehweg gestattet wurde, sperren die Security-Boys von Primark einen vergleichsweise viel größeren Teil des (öffentlichen!) Gehwegs ab, um ihre Kundenmassen zu kanalisieren. Wer schon mal im Grundgesetz geblättert hat: Es steht da nichts von freibleibenden Gehwegen oder ungehinderten Autoverkehr, es steht noch nicht einmal etwas von ungestörter Geschäftemacherei. Es steht aber etwas vom Demonstrationsrecht und darüber, dass sich “Bürger unter freien Himmel friedlich versammeln” dürfen. Es ist natürlich nicht bekannt, ob der zuständigen Behörde das Grundgesetz bekannt ist. Vielleicht kann Oberbürgermeister Kurz da Nachhilfeunterricht geben. Der Autor dieses Artikels (Jahrgang 1952) fühlt sich erinnert, wie in der 1968er Zeit das Demonstrationsrecht erst durchgesetzt werden musste. Sonst werden wohl bald Gewerkschaften keine Infostände vor Betrieben mehr machen können (wegen dem LKW-Verkehr) und Demonstrationen werden aus der Innenstadt (die Feuerwehr muß ja überall ungehindert fahren können) vielleicht auf die Reiss-Insel verlegt werden.
Dem Vernehmen nach soll sich ein Verdi-Sekretär kritisch bis unmutig über die Anti-Primark-Aktion geäußert haben. Mit Primark hätte gerade erfolgreich Tarifverträge abgeschlossen werden können (im Gegensatz zu anderen Unternehmen). Leider betreffen diese Tarifverträge nicht 2016, auch nicht 2017, sondern gelten erst ab 2018. Auch wenn früher die Einhaltung von Tarifverträgen nicht so unüblich war, dass man dies besonders hervorheben mußte sind natürlich Tarifverträge gut. Trotzdem muß leider der eingeschränkte politische Blickwinkel von einigen Abteilungen der Gewerkschaftsbewegung kritisiert werden, wenn sie denken: Wir haben für unsere Leute in Deutschland Tarifverträge erreicht, was sonst in der Welt geschieht geht uns nichts an! Wie gut, dass es eine Partei wie DIE LINKE in der Arbeiterbewegung gibt, die hier korrigierend wirken kann.
Dr. Norbert Elb